Da liegt ein Berg zwischen Brützkow und Wedendorf, der soll früher Schwertberg oder Köpferberg geheißen haben. Und es war die Hinrichtungsstätte dieser Gegend.
Einstmals wurde wieder eine Hinrichtung kundgetan und die Menschen strömten herbei aus den Dörfern nah und fern.
Angeklagt war ein junges Mädchen, die „Schöne Marie“. Sie diente als Magd in der Köchelsdorfer Mühle. Sie war bekannt in den Dörfern und beliebt, denn sie war freundlich und bescheiden. Aber sie war auch wunderschön und alle Männer sahen ihr nach.
Sie aber war dem Müllerburschen in der Mühle von Herzen zugetan und sah die anderen Männer nicht an. Und auch der Müllerbursche war ganz vernarrt in sie.
Ein junger Bauernsohn, vermögend und stark, umwarb das schöne Mädchen. Aber Marie wies in zurück. Er konnte mit der Abweisung nicht fertig werden. Es war der Sohn des Schulzen und nicht gewohnt, dass er nicht bekam, was er begehrte. So war er gekränkt und wütend und wollte Marie vernichten.
Er hatte einen perfiden Plan. Er stahl ihr einen Holzschuh und dann zündete er ein großes Anwesen an und warf ihren Schuh in der Nähe ins Gebüsch. So ein Feuer im Dorf war eine gefährliche Sache, konnte doch schnell das ganze Dorf abbrennen. Die Häuser mit den Strohdächern waren zumeist aus Holz gebaut. Als der Brand gelöscht war, wurde eifrig und wütend nach dem Schuldigen gesucht. Man fand Maries Schuh!
Schnell war eine Anklage erhoben und das schöne Mädchen stand vor der Gerichtsbarkeit. Sie beteuerte immerfort ihre Unschuld. Und es ließ sich auch kein Grund finden, warum sie das Feuer gelegt haben könnte. Ja, es gab sogar Bauern, die Marie zu der betreffenden Zeit an anderem Orte gesehen hatten. Aber man berief sich auf die Unerklärlichkeit des weiblichen Geistes und schnell erstand ein Gerücht, dass Marie den Brand aus der Ferne gezündet hätte. Hexenwerk?
Marie wurde verurteilt. Für die damalige Rechtsprechung war die Indizienlage ausreichend erdrückend. Auf Grund der Schwere der Tat sollte sie hingerichtet werden.
Marie wurde also zur Richtstatt geführt und sollte durch das Schwert sterben.
Aber als der Scharfrichter das Schwert über ihrem bleichen gebeugten Nacken schwang, brach sich ein Sonnenstrahl in der Scheide und das Schwert zersprang in tausend Stücke. Eines der Stücke hat den Schulzensohn mitten ins Herz getroffen und ihn tödlich durchbohrt.
Das für alle Anwesenden war ein Zeichen!
Die Bauern fielen auf die Knie und baten um Erbarmen für Marie und der Graf, der die Gerichtsbarkeit innehatte, erhörte ihr Flehen. Marie wurde von ihren Fesseln befreit und der Müllerbursche konnte sie wieder in die Arme schließen.
Sie sollen später auch geheiratet haben und der Graf hat ihnen, beeindruckt von ihrer wundersamen Rettung noch eine Mühle zur Bewirtschaftung geschenkt
Der Berg aber sollte ab diesem Tage nicht mehr „Schwertberg“, oder „Köpferberg“ sondern „Klingenberg“ heißen. und es sollten dort keine Hinrichtungen mehr stattfinden.
Wie viele solcher Sagen gibt es, und wie oft gleiche Geschichten an verschiedenen Orten. Kann gar nicht alles stimmen? Sicher, aber es sind Geschichten voller Hoffnung. Und die bleibt uns bis heute. Und auch wenn verbürgt ist, dass das eben genannte Richtschwert noch heil und ganz existieren soll, so war es eben nur der Lichtstrahl, der die schöne Marie gerettet hat und der Schulzensohn wurde nur geblendet. Es hätte können sein! Und wenn die Menschen Geschichten an einem Ort ebenso erzählen wie an einem anderen, so kann es doch auch sein, dass immer wieder Ähnliches geschehen ist.
Quelle: Dorothea Wende "So hätt' es können sein" Eine Auswahl von Märchen und Sagen aus Nordwestmecklenburg, Einblicke zwischen Schaalsee und Salzhaff 7, Gadebusch, Landkreis Nordwestmecklenburg (2001)