Der weiße Reiter

Immer wieder erzählen Menschen, dass sie ab und an zu Mitternacht im Wald bei Wehningen einen geheimnisvollen weißen Reiter zu Angesicht bekommen. Manchmal kann man auch Rufe hören: „Hier geiht de Scheid!“ Das Geheimnis des weißen Reiters führt weit zurück in die Zeit, als der Verlauf der Grenze zwischen Wehningen und Dömitz umstritten war. Im Sächsischen residierten damals die von Bülows als Lehnsleute, während in Dömitz die dortigen Beamten penibel auf den Verlauf der Hauptgrenze zwischen Sachsen und Mecklenburg achtgaben. Schon im „Grenzbuch des Amtes Neuhaus“ aus dem Jahr 1591 ist ein genau beschriebener Grenzverlauf verzeichnet. Doch in alten Aufzeichnungen beider Seiten aus dem 18. Jahrhundert zeigen sich unterschiedliche Verläufe – jeweils zu eigenen Gunsten der Herausgeber dieser Aufzeichnungen. So wird berichtet, dass einst die Mecklenburger in der Zeit, als noch die Messkette Verwendung fand, neue Grenzpfähle bauten und auf sächsischem Grund errichten ließen. Und auf der anderen Seite hat einst nach dem Dreißigjährigen Krieg der Wehninger Gutsbesitzer von Bülow den Grenzverlauf – die Scheide - nach eigenem Gutdünken und zu seinem Vorteil verändert. Um dieses Vorhaben durch Zeugen zu untermauern, soll er drei Bauern angestiftet haben, einen Meineid zu schwören. Nämlich dergestalt, dass sie an Eides Statt einen falschen Grenzverlauf als der Wahrheit entsprechend beschworen, wie der Gutsherr ihnen aufgetragen hatte. Doch schon bald quälte den von Bülow angesichts des Meineids, zu dem er die Bauern verleitet hatte, das Gewissen. Und diese Gewissensbisse waren so stark, dass sie ihn auch nach seinem Tode nicht in Ruhe ließen. Und so war er auf ewig verdammt, als weißer Reiter mit seinem Schimmel zu Mitternacht durch die Wälder entlang der Grenzscheide zu spuken und den Ruf auszustoßen „Hier geiht de Scheid“. Als Mahnmal soll an dem betreffenden Ort ein Grenzpfahl mit einem weißen Pferd an das Geschehen erinnert haben – das kann aber auch das Niedersachsenross gewesen sein.

Autor: Holger Hogelücht

Der weiße Reiter - Plattdeutsch

Der weiße Reiter
Wehningen

Text zum Lesen und Bild