Der Katenschulte war einst zur Geisterstunde zwischen zwölf und eins auf dem Heimweg von der Maurinemühle nach Ollndorf. Auf dem schmalen Feldweg, direkt neben dem Landgraben, stand plötzlich ein riesiger Bulle mit sehr breiten Hörnern in leichter Angriffshaltung vor ihm. Seitlich konnte er nicht vorbei, dazu war es zu eng. Also duckte sich der Katenschulte so gut es sein Zustand zuließ und schlüpfte unter den Hörnern hindurch an ihm vorbei.
Diese abenteuerliche Geschichte machte später die Runde im Dorf. Wer den Katenschulten kannte, erahnte noch nachträglich seinen berauschten Zustand um diese Uhrzeit. Da war wohl aus einer recht harmlosen, von der Weide ausgebrochenen Kuh ein mächtiger Bulle geworden. Oder doch nicht?
De Bull bi Nacht
De Katenschulten is mal eins tau Scpäukelstunn bi Nacht twüschen Klock Twölf un Klock Ein up den Weg na Hus west vun de Maurinemoehl na Ollndörp tau. Up den engen Feldweg, nipp un nau blangen den Landgrawen, stünn upstuns ein asig grode Bull mit breide Hurns vör em un seeg so ut, as wull hei em angriepen. Padauz! An de Sied kunn de Schulten nich an dat Veih vörbi kamen, dortau wier de Weg tau schmal. Un so hett sik de Katenschulten duckt, so gaud as dat bi sein Taustand noch güng, un is den Bullen ünner de Huurns fix dörch un an em vörbi maracht. Düsse awendüerhaftige Geschicht hett later de Runnen makt in't Dörp. Wecker den Kaltenschulten öwer kennt hett, den kunn woll schwanen, dat hei tau düsse nachtschlapen Tied al dull beschwiemelt wier. Un dor is ut ein tutige Kauh, de gor nix deit, blots vun ehr Wisch utneiht wier, de asig grod-geifiehrliche Bull worden. Oder viellicht doch nich?
Quelle: Dr. Frank und Evemarie Löser, Sagen und Geschichten Schönberg und das alte Ratzeburger Land. Übertragen ins Plattdeutsche Thomas Lenz