Die Besiedelung des Weißen Sees
Wenn Du um den See zu Neustadt-Glewe wanderst, nahe des Ufers auf dem schmalen Pfad, der sich durch den Wald schlängelt, dann hörst Du es rauschen, rascheln, knistern, zwitschern und knacken. Du musst nur sehr leise sein und lauschen. Doch das, was Du vernimmst, sind nicht etwa nur Fauna und Flora, die sich regen, nein, es sind auch allerlei Wald- und Wassergeister, die dort beheimatet sind. Sie tanzen und singen, frohlocken und streiten, sie springen und schwimmen, sie juchzen und necken und erfreuen sich an ihrem schönen Zuhause. Wer jedoch die Geschichte um die Entstehung des Weißen Sees, wie der Neustädter See auch genannt wurde, weiß, der mag sich zu Recht fragen, wie denn all diese mystischen Wesen dorthin gelangten, vor allem die Wassergeister.
Nun, ob in Flüssen, wie der Elde, oder in Seen, überall wohnen Wassermänner und ihr Gefolge, so auch im Schweriner See. Dort hatte der einstige Oberwassermann sein Reich und es galt für ihn aufgrund seines fortgeschrittenen Alters seine Nachfolge zu regeln. Da es in Schwerin sieben Seen gibt, war es eine große Herausforderung, dieses große Reich zu verwalten und das Leben aller Wassergeister, Elfen und Nymphen und was sich sonst noch regt, zu regeln. Darum entschied der alte Oberwassermann, sein Reich auf seine Söhne aufzuteilen. Allerdings gab es folgendes Problem: Er hatte acht Söhne, doch gab es nur sieben Seen, die zu verteilen waren.
Seine Söhne ahnten bald, was in ihrem Vater vor sich ging. Sie fingen an zu streiten und um seine Gunst zu buhlen. Jeder wollte den größten See für sich beanspruchen, ja am liebsten sogar alle auf einmal, so wie sie alle sieben vom Vater regiert wurden. Der Älteste der Brüder forderte sein Geburtsrecht ein, denn er sei in der Rangfolge der Erste. Ein anderer sprach davon, dass der Stärkste die Nachfolge übernehmen sollte, wieder ein anderer meinte, es sollte der Klügste sein und so ging es in einem fort. Sie stritten immer mehr und kämpften sogar gegeneinander.
Da wurde der alte Oberwassermann zornig und sprach ein Machtwort. Er forderte seine Söhne auf, sich zu besinnen, ansonsten würde er sie alle enterben und sein Reich dem Eldegrapsch, seinem Bruder, übergeben. Da wurde es still und den Söhnen wurde gewahr, dass sie besser mit einem einzigen See zufrieden sein mussten, als gar nicht regieren zu können. Auf Wunsch des Vaters schlossen die Brüder Frieden und schworen, sich nie wieder zu bekriegen, auf dass in den sieben Seen zu Schwerin ewig Frieden herrsche. Dennoch blieb ein wenig Argwohn unter den Brüdern, denn auch sie konnten zählen und wussten, dass einer übrig blieb. Vor allem dem Jüngsten ward zunehmend gewahr, dass er es wohl sein würde, der das Nachsehen habe.