Vom Kloster

An die Erzählungen, die vom Reichtum der mittelalterlichen Bürger unserer Stadt handeln, mag sich eine Sage anknüpfen, die das „Kloster" als Schauplatz ihrer Handlung hat. Es ist jener merkwürdige Baublock, der nur im Volksmund diesen Namen führt und schwer zu erklären ist. Das Kloster ist jener Abschnitt, der sich südlich vom Bollenberg abzweigt, fast halbkreisförmig mehrere seiner Häuser umgeht und schließlich wieder in den Bollenberg mündet. Von einem mittelalterlichen Kloster in Boizenburg ist nichts bekannt, wohl aber mag dieser Baublock mit der alten Niederungsburg im Fürstengarten zusammenhängen, denn sowohl er wie der gesamte Bollenberg wurden nach dem großen Stadtbrand von 1709 nicht in die Straßenregulierung einbezogen. Vom Kloster erzählen die Leute:
In Boizenburg lebte einst ein Böttcher, der wurde mitten in der Nacht aus an dem Schlafe geschreckt, und da sah er ein graues Männchen an seinem Bette stehen, das forderte ihn auf, mit ihm nach dem Kloster zu gehen. Er sollte sein Handwerkszeug nicht vergessen, denn dort gäbe es eine Menge Arbeit für ihn. Der Böttcher stand sofort auf und folgte dem Zwerg, und nun ging es in die Erde hinein und durch mehrere unterirdische Gänge, bis beide schließlich in einen großen Keller kamen. Dort standen unzählige Fässer, alle mit Gold bis zum Rande gefüllt, und diese sollte er mit neuen Reifen versehen. Aber es waren so viele, dass er sie kaum zählen konnte. Das Männchen hatte ihn eine Weile verlassen, da fasste den Böttcher mitten in der Arbeit und in der unheimlichen Stille des unterirdischen Raumes ein Grauen; er fürchtete, den Weg durch die Gänge nicht wieder zurückzufinden, und so ließ er sein Handwerkszeug liegen, lief davon, und fand auch ungehindert den Weg nach Hause. In der folgenden Nacht erschien das Männchen wieder an seinem Bett, gab ihm das Handwerkszeug zurück und dankte ihm, dass er es dagelassen hatte. Sie ‒ die Zwerge ‒ hätten die Arbeit selbst ausgeführt, denn das verstünden sie gut, nur Handwerkszeug hätten sie nicht. Damit war das Männchen verschwunden, und der Böttcher schlief wieder ein. Als er nun am anderen Morgen aufwachte, da lag sein Handwerkszeug neben dem Bett und dabei ein großer Haufen Gold, und so war er ein reicher Mann, aber er wäre noch viel reicher geworden, hätte er die Arbeit selbst getan.

Quelle: Hans Vick, Sagen und Erzählungen aus Boizenburg, Heimatblätter des Kreises Hagenow, Boizenburg, Pädagogisches Kreiskabinett Hagenow 1956

Vom Kloster - Plattdeutsch

Vom Kloster
Boizenburg

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