Die Hexe vom Klüschenberg

Vor tausend Jahren ging nur ein kleiner Weg von Plau zur Wendenburg, die ganz von Wasser und Moor eingeschlossen war. Die Einwohner aus dem alten Plau - damals noch Plawe genannt - und aus der Umgebung, kannten diesen Weg, und wenn Gefahr drohte, zogen sie mit Weib und Kind und Vieh in die Burg am Burgsee. So auch in diesem Jahr, als wieder die Feinde anrückten, die vom Fürsten Tribut verlangten. Als ihnen das verweigert wird, versuchten sie die Burg zu erobern, was aber nicht gelang, denn die Burgbewohner und die vielen Menschen, die Schutz in der Burg gefunden hatten, verteidigten sie mit Erfolg. Jedoch als es Winter wurde und alles dick zugefroren war, kamen die Feinde in großer Überzahl über das Eis. Sie steckten alles an, ermordeten die Bewohner oder nahmen sie als Gefangene mit. Das Schicksal der Burg war besiegelt.
Die Prinzessin entkam den Häschern durch einen geheimen Gang, der hinter dem Wall seinen Anfang nahm und zum Klüschenberg führte. Sie hatte den Eingang so geschickt zugemacht, dass er von den Feinden nicht entdeckt wurde. Sie zogen mit ihrer Beute davon, und bald kehrte wieder Frieden ein.
Die Prinzessin blieb im Klüschenberg und bewachte die Schätze ihres Vaters. Nur selten kam sie an das Tageslicht, um bei den Plauern nach dem Rechten zu sehen. Uralt ist sie inzwischen geworden und wird nur noch die Hexe vom Klüschenberg genannt. Keiner kann sich mehr an die wunderschöne Prinzessin von der Burg erinnern.
Eines Tages kamen Fremde in die Stadt und fragten nach der alten Schatzkammer im Klüschenberg, von welcher sie vernommen haben, aber keiner wusste, wo sie war. An der Ostseite vom Klüschenberg fingen sie an zu graben, doch was sie bei Tag freigruben, fiel nachts wieder zusammen. Die Schatzsucher wurden ärgerlich, schlugen Holz ein und wollten nun einen Stollen bauen. Eine Holzsammlerin warnte sie, die Ruhe vom Klüschenberg nicht zu stören. Doch die Schatzgräber verhöhnten und verspotteten die Alte und jagten sie fort.
Am selben Abend ging ein schlimmes Wetter los als die Männer noch im Stollen waren. Das Unwetter zog die Elde hoch und blieb über dem Klüschenberg stehen. Über die Stadt fegte ein Sturmwind, so dass die Dächer und Balken ächzten, der See brodelte. Der Himmel öffnete alle Schleusen. Seit Menschengedenken war nicht mehr so ein Unwetter gewesen. „Was hat die Hexe heute nur?“ fragten sich die Plauer. „So wild ist sie noch nie gewesen!“
Erst nach Mitternacht wurde das Wetter ruhiger und der junge Morgen übergoss die Stadt mit goldenem Sonnenschein, als wäre nichts gewesen. Viele Fensterläden waren zerbrochen und etliche Dachschindeln fehlten auf den Dächern, aber sonst hatte das Unwetter keinen Schaden angerichtet. Jedoch am Klüschenberg, wo die Schatzsucher gegraben hatten, war eine breite, flache Kuhle, der Stollen war weg und auch von den Männern war nichts mehr zu sehen.
Nach dem Schatz hat nie wieder jemand gegraben und die Kuhle beachtet auch niemand mehr, nur ab und an sieht man dort eine alte Frau reife Beeren suchen.
Autor: Dietrich Löswitz

Die Hexe vom Klüschenberg - Plattdeutsch

Die Hexe vom Klüschenberg
Plau am See

Text zum Lesen und Bild