Vom Wilden Jäger
Einst war da ein Mann, der zog gen Osten in die neu erschlossenen slawischen Länder und ließ dort ein Dorf gründen. Er liebte es, Gewinne zu machen. Und er war erfolgreich dabei. Er wählte seinen Wohnsitz, wie es im Mittelalter oftmals üblich war, nahe dem Dorf und der wurde dann nach ihm benannt.
Es gehörten ihm alle die Wälder rings umher und seine größte Lust war das Jagen. Tag für Tag durchstreifte er die tiefen Büsche, den Bruchwald und die weiten Hallen der Buchenwälder auf Wild. Stets begleiteten ihn zwei schwarze Jagdhunde. Und alles, was er erblickte wurde ohne Erbarmen gehetzt und erlegt. Er hatte recht bald seine Vorratshütte mit Fleisch und Fellen gefüllt, allein er ließ im Jagen nicht nach. Jedes Regen im Wald machte ihn neugierig und bevor das Tier nicht gefallen war, hatte er keine Ruhe. Lange schon brauchte er das Wildbret nicht mehr. Er jagte schon lange nicht mehr, um das Wild zu essen oder zu verkaufen. Er achtete das Wild nicht. Er ließ die getöteten Stücke achtlos im Wald zurück.
Es dauerte lange, aber eines Tages hatte er alles Wild vergrämt. Still lagen die Büsche und Hallen, nicht einmal ein Vögelchen piepte mehr im Geäst.
Da war der Jäger erbost und enttäuscht und er stampfte mit dem Fuß auf und rief: „Es soll doch mit dem Teufel zugehen, wenn es hier nichts mehr zu jagen gibt!“
Da erhob sich eine forsche Bö und im Blasen des Windes fragte eine Stimme: „Wie lange willst Du denn noch jagen?“
„Will jagen, so lange ich Lust habe !“ trumpfte der Mann auf.
„Sollst jagen wie Du willst, aber dann gehört mir Deine Seele!“
„Der Handel gilt“ rief der Mann und polterte wieder hinaus in den Wald.
Und siehe, auf wundersame Weise fand er immer wieder eine Spur, immer wieder einen Schatten, ein Geräusch. Sobald er ein Tier erlegt hatte, fand er ein Neues. Das ging so viele Jahre und hörte nicht auf.
Eines Tages aber war auch für diesen Menschen die Lebensuhr abgelaufen und er lag auf seinem Lager in den letzten Atemzügen. Da wehte der Wind ums Haus, zerrte am Dach und rüttelte an den Fensterläden. Eine raue Stimme raunte:
„Nun, Mann, wie steht es. Willst Du noch immer jagen?“
„Ja, rief der Mann“ und ballte seine Fäuste, „Ich hab noch immer Lust dazu !“
„Dann musst Du ewig jagen“ antwortete verärgert die Stimme und der Atem des Mannes erstarb.
Seit dieser Zeit wird hier und da und immer wieder und immer wieder auch an anderen Orten von Erlebnissen berichtet, in denen ein wilder unermüdlicher Jäger erscheint. Er braust mit seinem Gefolge durch die Luft und ist gar fürchterlich an zu schauen.
Und wer Glück hat, wird reich wenn er ihm begegnet - wer ungeschickt ist oder gierig, der leidet.
Ein Tagelöhner kam in der Nacht von der Arbeit aus Dragun und hörte es sausen und Pfeifen in der Luft. Ein wildes Jagen ging umher und dann sah er einen Wagen mit zwei schwarzen Hunden durch die Luft fahren und hart auf dem Weg vor ihm aufschlagen. Dabei zerbrach die Deichsel. Ein schwarzer Jäger wandte sich mit funkelnden Augen an den Tagelöhner: „Hast du ein Messer, Mann!“
Zitternd gab der Tagelöhner sein Messer hin und schloss schon mit seinem Leben ab. Der andere spitzte die Deichsel neu an und gab das Messer zurück mit den Worten: „Ich danke Dir nicht. Sammel die Späne auf. Und wenn sie feucht sind, so leg sie hinter den Ofen!“ Dann lachte er schauerlich und das seltsame Fuhrwerk brauste davon.
Der Tagelöhner nahm verwirrt und gehorsam etwas von den Spänen und als er nach Hause kam, legte er sie an den Ofen.
Als seine Frau am Morgen das Feuer entzünden wollte, verwies er sie auf die Späne. Wie groß aber war ihr Erstaunen und ihre Freude, als sie sahen, dass die Späne sich in pures Gold gewandelt hatten.
Ich aber habe aber noch niemanden kennen gelernt, der wirklich reich geworden ist.
Autorin: Dorothea Wende